Rasen/Perlenschale, Poem of Pearls, Foto (Ausschnitt): Johannes Seyerlein
KunstRaumKirche zur documenta-Zeit 2022

Poem of Pearls: Birthe Blauth in der Elisabethkirche 2022

"Der Keim des Paradiesgartens ist schon vorhanden."

Im documenta-Sommer 2022 zeigen das Bistum Fulda und die Katholische Kirche Kassel vom 4. Juni bis 2. Oktober die partizipative Installation „Poem of Pearls“ von Birthe Blauth. Es ist das fünfte Mal, dass das Bistum Fulda und die Katholische Kirche Kassel die documenta-Zeit als Gelegenheit wahrnehmen, einen eigenen Raum für Gegenwartskunst zu öffnen: die Elisabethkirche am Friedrichsplatz in Kassel. 


„Birthe Blauth begeistert mit ihrem Vorschlag, der uns den Raum der Elisabethkirche neu wahrnehmen lässt. Mit ihren künstlerischen Eingriffen löst sie eine Fülle an inneren Bildern und Gedanken aus, die tief in die Tradition christlicher Bildwelten führen, und zugleich eine Reise zum eigenen Selbst ermöglichen.“, begründet Martin Matl, Diözesanbaumeister und -konservator des Bistums Fulda, die Entscheidung für die Münchener Künstlerin.

 

Birthe Blauth freut sich sehr darauf, ihr Konzept für die Elisabethkirche zu verwirklichen: „Ich arbeite gerne mit der Architektur und mit der Bedeutung und Funktion eines Raums. In der Elisabethkirche ist durch die seitliche Öffnung der Kirche in Gartenhöfe und die Funktion als Sakralraum der Keim des Paradiesgartens für mich schon vorhanden.“

Wortbild Poem of Pearls
 

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:

Poem of Pearl. Birthe Blauth in der Elisabethkirche Kassel

Buch. Softcover 2022

104 S. 35 Abbildungen.

Edition Braus Berlin GmbH.

ISBN 978-3-86228-238-8

Format (B x L): 23.5 x 32.5 cm, Gewicht: 408 g

Die Künstlerin Birthe Blauth räumt anlässlich der documenta 2022 die Kirche am Friedrichplatz leer und verwandelt sie durch eine sich über Innenraum und Seitenhöfe erstreckende, täuschend echt aussehende Kunstrasenfläche in einen Paradiesgarten. In der Mitte steht eine große Feuerschale voll echter Perlen, Symbole für die Seele. Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, eine Reise in diesen Paradiesgarten zu unternehmen. Im Buch wird die Verwandlung des Raums in zahlreichen Fotografien festgehalten. Die Texte veranschaulichen die Beziehung zwischen Installation und Kirchenarchitektur und erläutern die Herkunft und Bedeutung der verwendeten Symbole. "Poem of Pearls" ist kein Paradies aus alter Zeit, sondern ein zutiefst modernes, inmitten unserer Gegenwart.

 
 

Leuchtschrift

„Poem of Pearls“ heißt die Installation, die Vorplatz, Haupt- und Seitenschiffe umfasst.


Schon aus der Ferne wird die Leuchtschrift „My Precious Pearl From Paradise“ an der Fassade der Elisabethkirche zu sehen sein.


Auf dem Vorplatz wird ein Labyrinth aufgemalt, das zum Abgehen einlädt.

Ohne Schuhe

Eine Übergangszone im Eingangsbereich führt vom Lärm des Friedrichsplatzes in die Stille der Elisabethkirche. In diesem Zwischenraum werden die Besucher/innen gebeten, sich die Schuhe auszuziehen oder die zur Verfügung stehenden Schutzüberzieher zu nutzen.


Denn ein Betreten der Kirche mit Straßenschuhen in der Zeit von „Poem of Pearls“ ist nicht angesagt: Haupt- und Seitenschiffe sind dann komplett mit Kunstrasen ausgelegt. Auch die derzeit verwendeten Stühle werden ausgelagert. Wer einen Stuhl möchte, kann ihn sich aus dem Übergangsbereich in die Kirche mitnehmen.

Ein weiter Raum

Im weiten freien Raum steht eine Schale mit Perlen. Birthe Blauth: „ Die Besucherinnen und Besucher können vom Labyrinth auf dem Vorplatz bis in den Paradiesgarten mit der Perlenschale eine spirituelle Reise unternehmen. Als Symbol und Erinnerung nehmen sie eine Perle mit nach Hause. Poem of Pearls lädt zum Nachdenken ein, zum Auf-dem-Weg-sein und zum Genießen mit allen Sinnen.“


Die Perlen geben der Installation den Namen „Poem of Pearls“. „Poem meint nicht schöne Verse“, erläutert Projektleiter Christoph Baumanns, „sondern wie in der Redensart ‚etwas ist ein Gedicht‘, also etwas Außergewöhnliches wird in seiner Eigenart überaus deutlich."

 

Birthe Blauth

Birthe Blauth promovierte an der LMU München in Sinologie, Ethnolgie und Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Religionsethnologie. Seit 2003 arbeitet sie als Künstlerin. Sie beschäftigt sich mit den Mustern und Gesetzen, die unsere Wahrnehmung bestimmen, mit denen wir unser Umfeld strukturieren und unsere Kultur entwickeln. Sie hat für ihre Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen bekommen, zum Beispiel den HausderKunstPreis oder den Dr. Theobald-Simon Preis. Sie war Residentin am renommierten International Studio & Curatorial Program in Brooklyn / New York. Seit Jahren ist sie in zahlreichen internationalen Ausstellungen vertreten.

 

Radikal poetisch

„Birthe Blauth hat mit ihrem Vorschlag viel Zuspruch in unserer Kirchengemeinde gefunden“, berichtet Georg Klein, Sprecher des Pfarrgemeinderates der Pfarrei St. Elisabeth, zu deren vier Kirchorten die Elisabethkirche gehört: „Wir freuen uns auf diesen radikalen und zugleich poetischen Eingriff in den Kirchenraum. Die neue Raumerfahrung geht in wunderbarer Weise auf die Architektur ein, bei der der Architekt bewusst neben dem damals modernen Baumaterial Beton mit Glas und Ziegelsteinen eine Ergänzung durch zwei grüne Seitenhöfe geschaffen hat.“

In aller Freiheit und Offenheit

Die Kunsthistorikerin Michaela Tünnemann ist Mitglied der Vorbereitungsgruppe und wird die Führungen zu Poem of Pearls mitgestalten. Ihr gefällt an der Kunst, dass sie Verborgenes durch Verfremdung sichtbar macht: „Birthe Blauths künstlerische Idee wird den Kirchenraum stark verändern. Dadurch entstehen Gedanken, Gefühle, Begegnungen und Irritationen, die wir bei den Führungen in aller Freiheit und Offenheit thematisieren wollen.“

 

Ein eigener Raum für Gegenwartskunst

Wie schon 2002, 2007, 2012 und 2017 nehmen das Bistum Fulda und die Katholische Kirche Kassel auch 2022 die documenta-Zeit als Gelegenheit wahr, einen eigenen Raum für Gegenwartskunst zu öffnen: die Elisabethkirche am Friedrichsplatz. 2012 sorgte die Turmfigur von Stephan Balkenhol für Aufsehen und eine heftige Debatte in Kassel. Zu Anne Gathmanns Installation „Statik der Resonanz“, einem Band aus mehr als viertausend Aluminiumelementen, das in Form einer Kurve das ganze Kirchenschiff durchmaß, kamen rund 58.000 Besucher/innen. Für Diözesanbaumeister Martin Matl sind die Bilder und Räume der Kirche stets mehr als eine bloße Erfüllung von zugewiesenen Funktionen: „Das Bistum Fulda engagiert sich für den Dialog zwischen Kirche und Kunst, weil dort Formen und Bilder entstehen können, die aus alltäglichen Zwängen hinausführen und die Weite des Daseins erschließen. Die Kunst der Gegenwart kann Diskussionen und Erfahrungen anstoßen, die wir in Kirche und Gesellschaft immer neu brauchen.“

Raum der Stille und Erholung für alle

Für Pastoralreferent Stefan Ahr vom Dekanatsteam Kassel-Hofgeismar unterstreicht Birthe Blauths Installation den einladenden Charakter der Elisabethkirche am Friedrichsplatz: „Im Trubel der documenta ist die Elisabethkirche, wie bei den vorherigen Ausstellungen, ein Raum der Stille und Erholung - offen und einladend unterschiedslos für alle Besucher/innen. Diese Gastfreundlichkeit gehört zu den Grundvollzügen von Kirche.“

Verändern

Georg Klein, Sprecher des Pfarrgemeinderats von St. Elisabeth, ist überzeugt:

„Poem of Pearls wird im Kasseler documenta-Sommer 2022 nicht nur den Raum der Elisabethkirche verändern, sondern auch die Menschen, die ihn besuchen.“

Ausstellungsdaten

Elisabethkirche, Friedrichsplatz 13, 34117 Kassel

Geplante Eröffnung:
Pfingstsamstag, 4. Juni 2022, 12:00 Uhr

Geplanter Abschluss: Sonntag, 2. Oktober 2022

Geplante Öffnungszeiten: mo-sa: 11 bis 20 Uhr, so: 12 bis 20 Uhr

Begleitprogramm in Planung: u.a. Vorträge, Gespräche und Konzerte

Eintritt zur Ausstellung und zu allen Begleitveranstaltungen: frei.

 

In der Elisabethkirche zur documenta-Zeit

Zum 15. Mal findet in Kassel in der Zeit vom 18. Juni bis 25. September 2022 die Weltkunstausstellung documenta statt. In Sichtweite der beiden zentralen Ausstellungsorte der documenta (Museum Fridericianum und documenta-Halle) steht die katholische Elisabethkirche.


Diese unmittelbare Nachbarschaft ist der Ausgangspunkt für eigene Ausstellungen mit umfangreichen Begleitveranstaltungen - wie zu den documenta-Austellungen 11/2002, 12/2007, 13/2012 und 14/2017.

Die Begegnung mit aktueller Kunst eröffnet vielfältige Möglichkeiten für den Diskurs über Fragen zur Angst und Hoffnung der Gegenwart sowie den Anliegen und Motiven christlichen Glaubens.


Grundlegend für die ‚Bespielung‘ der Elisabethkirche ist die Erfahrung, dass viele Besucherinnen und Besucher der documenta zwischendurch das Bedürfnis haben, zur Ruhe zu kommen, die Sinne zu ‚entschärfen’, sich von den unzähligen documenta-Eindrücken zu erholen. Die Ausstellung in St. Elisabeth macht das möglich: Der Kirchenraum wird zum Raum der Besinnung und der Konzentration

*Die docKIK-Vorbereitungsgruppe

Stefan Ahr (Pastoralreferent Dekanat Kassel-Hofgeismar)
Dr. Marco Bonacker (Leiter Erwachsenenbildung Bistum Fulda)
Dechant Martin Gies (Dekanat Kassel-Hofgeismar)
Meinrad Ladleif (Architekt, Künstler)
Marcus Leitschuh (Pfarrei St. Elisabeth)
Martin Matl (Diözesanbaumeister)
Rana Matloub, (Künstlerin, Kunstdozentin Uni Erfurt)
Dr. Burghard Preusler (Diözesanbaumeister i.R.)
Birgitta Schwansee (Künstlerin und Grafikerin)
Michaela Tünnemann (Katholische Hochschulgemeinde Kassel-Witzenhausen, Kunsthistorikerin)
Gast: Beatrix Ahr (Dipl. theol., Pastoralreferentin, Mentorin Uni Kassel)
Christoph Baumanns (docKIK-Sprecher, Projektleitung, Leitung Kommunikation)