Birthe Blauth: Trapped. Foto (Ausschnitt): Gerald von Foris
Kunst in der Elisabethkirche zur documenta-Zeit 2022

Fünf Künstler/innen, fünf Ideen, fünf Videos

Wer wird 2022 die inneren und äußeren Räume der Elisabethkirche künstlerisch gestalten?

Das erkundete die Vorbereitungsgruppe docKIK* bei der Ideen-Präsentation am 13. März 2021. Das Bistum Fulda und die Katholische Kirche Kassel hatten

Sineumbra (Italien/Deutschland)

Lisa Stertz (Berlin) und

Aljoscha (Düsseldorf),

Michael Sailstorfer (Berlin)

Birthe Blauth (München),
eingeladen, eine künstlerische Idee für die Elisabethkirche in Kassel zu entwickeln. Denn auch den Zeitraum der documenta 15 im Sommer 2022 nimmt die katholische Kirche vor Ort als Gelegenheit wahr, in der Kirche am Friedrichsplatz einen eigenen Raum für Gegenwartskunst zu öffnen.


Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Auf der Pressekonferenz am 8. Juni 2021 gab die docKIK*Vorbereitungsgruppe bekannt, dass sie sich für den Entwurf „Poem of Pearls“ von Birthe Blauth entschieden hat.


docKIK-Sprecher Christoph Baumanns: "Es war nicht leicht, sich von den anderen Ideen zu verabschieden. Sie alle haben ihre eigene Schönheit und Wirkungskraft, ihre innere Schlüssigkeit und ihren künstlerischen Einfluss auf den Kirchenraum. Auch bei den Vorschlägen von Lisa Stertz, Michael Sailstorfer, Sineumbra und Aljoscha wäre es spannend gewesen zu erleben, wie die so gestaltete Elisabethkirche auf die Besucherinnen und Besucher gewirkt hätte."


Her können alle Vorschläge noch angeschaut werden:

 

Sineumbra

Idee:

MANI, EIN KÖRPERTURM
zwischen Gestern und Morgen


Der Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Untersuchung der Identität einer frei gegründeten
Künstler*Innen-Gruppe, mit einem besonderen Blick auf den Zeitgeist, in dem wir leben und
den Dynamiken und Diversitäten welche eine Gruppe prägen.

Lisa Stertz

Idee:

DIE ÖKOLOGIEN
DES GUTEN
 

Ich möchte die Elisabethkirche in ihrer Funktion als Ort der Begegnung verstärken,
indem ein Raum erschaffen wird, der ein lebendiges Zusammenkommen gewährt.
Dieser Raum soll – wortwörtlich und konzeptuell – ein Garten sein. Ich möchte diesen Garten zusammen mit Künstler:innen verschiedener Kulturen und
Generationen sowie den Gemeinden dieser Kirche bauen.

Aljoscha

Idee:

REPLACE MINISTRIES ...
EXPAND THE UNITED NATIONS ...


Replace ministries of defense with ministries of happiness. Expand the United Nations into the United Ecosphere.
(Ersetzen Sie die Verteidigungsministerien durch Ministerien für Glück. Erweitern Sie die Vereinten Nationen zur Vereinten Ökosphäre.)
Die Ausstellung soll aus zwei großformatigen Installationen bestehen.

Michael Sailstorfer

Idee:

KASSEL ROSE


Der Künstler Michael Sailstorfer plant für die Elisabethkirche
eine raumübergreifende Ausstellung mit dem Titel
Kassel Rose. Skulpturen, Wandarbeiten und ein Duft treten in Dialog mit der gesamten Architektur der Elisabethkirche. Der Künstler beschäftigt sich dabei mit der Manifestation vom Flüssigen ins Feste, mit Leichtigkeit und Schwere und mit dem Material Blei, das sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung zieht.

Birthe Blauth

Idee:

POEM OF PEARLS
Partizipative Installation


Inhaltlich geht meine Arbeit darum, zu sich zu finden, seinen Wert zu erkennen und seinen Weg zu finden. Es geht um das Bewusstsein, auf sich zu achten und Verantwortung für sich und die eigenen Ziele zu übernehmen. Es geht auch um die Erfahrung, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Es ist eine partizipative Arbeit, die die Besucher anregen soll, über sich nachzudenken.

 
 

Mehr zu den Künstler*innen:

Birthe Blauth

 
Birthe Blauth: Trapped. Nächtliche Videoprojektion in das Schaufenster des DG Kunstraums. Foto: Gerald von Foris, 2020
Birthe Blauth: Trapped. Nächtliche Videoprojektion in das Schaufenster des DG Kunstraums. Foto: Gerald von Foris, 2020

Birthe Blauth, geboren 1969, lebt und arbeitet in München.

"Mich interessiert, wie wir wahrnehmen und unsere Umwelt und Kultur strukturieren. Ich erkunde die Regeln und Mustern, nach denen wir uns die Welt erklären und einen Sinn darin finden."

"I'm interested in how we perceive and how we structure our environment and culture.   I explore the rules and patterns that we use to explain the world and to find a meaning in it."

 

Sineumbra

 
Sineumbra: Soma. Foto: Tobias Hübel
Sineumbra: Soma. Foto: Tobias Hübel

Das Kollektiv Sineumbra wurde 2019 von dem Komponisten und Musiker Mattia Bonafini und der bildenden Künstlerin und Filmemacherin Luisa Eugeni in Bremen gegründet.

Nach Gewinn des Karin Hollweg Preises 2019 und der Ausstellung der multimedialen Oper "Das Stehende Sein" in der Weserburg Bremen, wird im 2021 ein neues Werk des Kollektivs in der Kunsthalle Bremen gezeigt werden.

Die Gruppe komponiert multimediale Assemblagen, in denen Rauminstallationen, Neue Musik, Film, Körper, Licht und Text zusammenlaufen.

Having won the Karin Hollweg Prize 2019 with the multimedia opera Das Stehende Sein exhibited at Weserburg museum in Bremen, the collective will present a new work in December 2020 at the Kunsthalle museum in Bremen.

The group produces complex arrangements that appeal to all the senses and combine spatial impressions, objects, light and darkness with videos, sound, music and text. The collective is self-managed, open to new members and meets regularly.

 

Aljoscha

 
Aljoscha: Installation "Miraculous Draught", St. John the Divine, New York, USA, 26.02.-13.05.2020
Aljoscha: Installation "Miraculous Draught", St. John the Divine, New York, USA, 26.02.-13.05.2020

Aljoscha, geboren 1974 in der Ukraine, lebt und arbeitet seit 2003 in Düsseldorf.

„Ich betrachte jedes meiner Werke als ein Lebewesen.
Paradise Engineering ist eine Epiphanie der neuen Bioethik.“

„I regard each of my works as a living being.
Paradise engineering is an epiphany of new bioethics.“

 

Lisa Stertz

 
Lisa Stertz: Performance: Whirling at Gunung Padang, Java, Indonesien, Foto: Dani Huda, Februar 2020
Lisa Stertz: Performance: Whirling at Gunung Padang, Java, Indonesien, Foto: Dani Huda, Februar 2020

Lisa Stertz, geboren 1984 in Cottbus, lebt und arbeitet in Berlin.

Ich möchte Menschen mit meiner Kunst berühren, anstatt sie zu belehren. Sie dazu zu bringen, sich ihrer Lebendigkeit bewusst zu werden, sich selbst (und) wahrhaftig zu spüren, ist mein Anliegen. Dies geschieht jeweils durch Art und Anzahl von Aktion, Sprache, Kommunikation, oder Choreographie, die für eine Performance aus-gewählt wird. Der Begriff der Kommunikation ist hier zentral, denn es ist die vom Menschen ausgehende Kommunikation, die mich durch alle meine Arbeiten hinweg beschäftigt und dazu inspiriert, Performances zu entwerfen, die vielmehr Formen von Begegnungen als Formen der Ausstellung sind.

I prefer to touch people, instead of teaching them. If I can make them be-come aware of being alive, of feeling themselves through a way of communication I will have chosen for a performance, I succeeded. The word communication is key here, since human communication became the central objective in my work. I am thus inspired to design performances that lay out forms of encounter, rather than forms of exposition.

 

Michael Sailstorfer

 
Michael Sailstorfer: Himmel, Berlin (20212). Foto: NOSHE
Michael Sailstorfer: Himmel, Berlin (20212). Foto: NOSHE

Michael Sailstorfer (*1979 in Velden, Süddeutschland) lebt und arbeitet in Berlin.

Seit seinem Studium bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München (1999 - 2005) und dem Goldsmiths College in London (2003 - 2004) stützt sich Sailstorfers skulpturale Praxis auf die kinetisch und minimalistisch geprägte (Pop-)Tradition der 1960er- und 1970er-Jahre, angereichert durch Inspirationen, die von alltäglichen oder technischen Materialien ausgehen. Indem er diese de-kontextualisiert und re-konfiguriert veranlasst der Künstler radikale Bedeutungsverschiebungen. Die künstlerische Transformation von Objekten und Räumen, nicht zuletzt durch Licht, Sound oder Geruch, fordert physische Grenzen heraus und erzeugt originelle Bilder, die oft poetisch anmuten. Darüber hinaus befasst er sich in seinen Arbeiten mit natürlichen Kräften und der Frage, wie wir sie durch Form und physischen Raum wahrnehmen. Sailstorfers Kunst ist oftmals gekennzeichnet durch einen spielerischen Ansatz und visuellen Witz.

Seine Kunstwerke verstehen sich als präzise Antworten auf die Attribute der Orte, für die sie konzipiert sind - sei es die geschützte Galerie oder der öffentliche Raum. Durch internationale Residencies sowie eine Vielzahl von Einzel- und Gruppenausstellungen und öffentliche Kunstprojekte hat Sailstorfers Arbeit internationales Renommee erlangt.

Since his studies with Olaf Metzel at the Akademie der Bildenden Künste in Munich (1999 - 2005) and then at Goldsmiths College in London (2003 - 2004), Sailstorfer's sculptural work has been based on the kinetic and minimalist (Pop) tradition of the 1960s and 70s, enriched by inspiration coming from everyday or technical materials. By de-contextualizing or reconfiguring such materials, the artist achieves radical shifts in significance. The artistic transformation of objects and spaces – also through the use of light, sound or smell – challenges physical borders and creates original images that often have a poetic aspect. Sailstorfer also deals with natural forces in his work and with the question how we perceive such forces in connection with form and physical space. Sailstorfer's art is typified by a playful approach and a sort of visual wit.

His artworks can be seen as precise answers to the attributes of the places for which they have been conceived – whether in the protected space of a gallery or in more public venues. Through international residencies as well as a multitude of single and group exhibitions and public art projects, Sailstorfer's work has attained international renown.

(Translation: Garth Pritchard)

 

In der Elisabethkirche zur documenta-Zeit

Zum 15. Mal findet in Kassel in der Zeit vom 18. Juni bis 25. September 2022 die Weltkunstausstellung documenta statt. In Sichtweite der beiden zentralen Ausstellungsorte der documenta (Museum Fridericianum und documenta-Halle) steht die katholische Elisabethkirche.


Diese unmittelbare Nachbarschaft ist der Ausgangspunkt für eigene Ausstellungen mit umfangreichen Begleitveranstaltungen - wie zu den documenta-Austellungen 11/2002, 12/2007, 13/2012 und 14/2017.

Die Begegnung mit aktueller Kunst eröffnet vielfältige Möglichkeiten für den Diskurs über Fragen zur Angst und Hoffnung der Gegenwart sowie den Anliegen und Motiven christlichen Glaubens.


Grundlegend für die ‚Bespielung‘ der Elisabethkirche ist die Erfahrung, dass viele Besucherinnen und Besucher der documenta zwischendurch das Bedürfnis haben, zur Ruhe zu kommen, die Sinne zu ‚entschärfen’, sich von den unzähligen documenta-Eindrücken zu erholen. Die Ausstellung in St. Elisabeth macht das möglich: Der Kirchenraum wird zum Raum der Besinnung und der Konzentration

*Die docKIK-Vorbereitungsgruppe

Stefan Ahr (Pastoralreferent Dekanat Kassel-Hofgeismar)
Dr. Marco Bonacker (Leiter komm. Erwachsenenbildung Bistum Fulda)
Dechant Martin Gies (Dekanat Kassel-Hofgeismar)
Meinrad Ladleif (Architekt, Künstler)
Marcus Leitschuh (Pfarrei St. Elisabeth)
Martin Matl (Diözesanbaumeister)
Rana Matloub, (Künstlerin, Kunstdozentin Uni Erfurt)
Dr. Burghard Preusler (Diözesanbaumeister i.R.)
Birgitta Schwansee (Künstlerin und Grafikerin)
Michaela Tünnemann (Katholische Hochschulgemeinde Kassel-Witzenhausen, Kunsthistorikerin)
Gast: Beatrix Ahr (Dipl. theol., Pastoralreferentin, Mentorin Uni Kassel)
Christoph Baumanns (Projektleiter)