Das Kollektive war lange Zeit ein Schimpfwort. Die ständige Rede von/m Künstler*in als Einzelkämpfer*in mit Weitblick, der wie ein Seismograph auf gesellschaftliche Verhältnisse reagiert, oder vom abgehobenen, autonomen Genie, das unabhängig von anderen seine Kunst schafft, ließ vergessen, dass nicht nur der Mensch, sondern auch der Künstler und auch der Ausstellungsmacher ein soziales, mit anderen vernetztes Wesen ist. Allenfalls einzelne Künstlerpaare wie Gilbert & George oder Dragset & Elmgreen konnten sich neben Einzelkünstlern in der Kunstwelt durchsetzen. Und auch Ausstellungsmacher, allen voran Harald Szeemann wurden vor allem als Einzelkämpfer gesehen und gefeiert.
Epochenmachender Wandel
Das tief verwurzelt Misstrauen gegenüber dem Kollektiven ließ lange Zeit
Fragen nach den Vorteilen des kollektiven Handelns und Sehens wie „Was
sieht das kollektive Auge, das ein einzelnes Augenpaar nicht erfassen
kann?“ erst gar nicht zu: Seit einigen Jahren kündigt sich ein
Wendepunkt an, der einen Diskurs über Intersubjektivität ermöglicht. Der
epochenmachende Wandel zeigt sich auch darin, dass die documenta
fifteen von dem indonesischen ruangrupa artist collective ausgerichtet
wird. Die Zahl der Kollektive in Gruppenausstellungen nimmt zu, und auch
immer mehr Ausstellungen werden kollektiv kuratiert. Was bedeutet dies
für die globalisierte Kunstwelt? Was ändert sich dadurch? Wohin geht die
Reise? Inwiefern werden Kuratoren der Globalisierung der Kunstwelt eher
gerecht, wenn sie sich ihr kollektiv widmen?
Referent: Heinz-Norbert Jocks
Diesen Fragen geht Heinz-Norbert Jocks in einer Hybrid-Veranstaltung am
27. September ab 19:30 Uhr in der Karlskirche Kassel nach. Jocks ist
Buchautor, Essayist und Publizist, Interview- und Ausstellungsmacher und
seit 1979 In- und Ausland-Korrespondent für Kunstforum International,
insbesondere in Paris und Beijing, wo er auch am CAFA, der Kunstakademie
in Beijing unterrichtet. Zuletzt gab er für Kunstforum International
den Band „Entzauberte Globalisierung“ heraus. In Lettre International
publizierte er in der letzten Ausgabe ein Gespräch mit Rem Koolhaas. Er
ist Mitbegründer des Meta-Kollektivs „The Collective Eye“, das sich zur
Aufgabe gemacht hat, durch Ausstellungen, Symposien und
Buchpublikationen den Diskurs zur Frage des Kollektivs voranzutreiben.
2018 kuratierte er die weltweit erste Retrospektive „Langsame Heimkehr“
des Malers Liu Xiaodong gleichzeitig in der Kunsthalle Düsseldorf und
dem NRW-Forum in Düsseldorf.
Kooperationen
Die Veranstaltung "Im Vorfeld der documenta fifteen: Das kollektive Auge
oder Warum kuratieren im Alleingang unmöglich ist" ist eine Kooperation
des Evangelischen Forums Kassel mit:
Hybrid-Veranstaltungsdaten im Überblick
Montag, 27. September 2021, 19.30 Uhr
Karlskirche, Karlsplatz
und online via Zoom
Anmeldung per E-Mail
Es gelten die 3G-Regeln, Nachweis erforderlich.
Bei online-Teilnahme: Link wird nach Anmeldung zeitnah zugesandt.
Kosten
6,- Euro
Christoph Baumanns
Projektleiter, Leitung Kommunikation
© Bistum Fulda / Kunst - Raum - Kirche