Foto (Ausschnitt): Stephanie Kloss
Eine Kirche ihrer Zeit: die einfachen, „armen“ Baustoffe sind sichtbar

Die Elisabethkirche: ein sich selbst erklärender Bau

Die katholische Kirche Sankt Elisabeth am Friedrichsplatz 13 wurde 1959/60 nach einem Entwurf von A. Dietrich errichtet. Der Betonskelettbau mit Klinkerfassade ist der Ersatz für die 1777 geweihte und im Zweiten Weltkrieg zerstörte Elisabethkirche, die auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes stand – annähernd da, wo sich das Staatstheater befindet. In Kassel war die „alte“ Elisabethkirche die erste katholische Kirche nach der Reformation. Sie zeichnete sich durch spätbarocke Formen aus und erhielt durch den Landgrafen eine reich dotierte Ausstattung.


An der Nordwestecke der „neuen“ Kirche steht der markante Kampanile, dessen Erscheinung durch die Turmfigur von Stephan Balkenhol zusätzliche Aufmerksamkeit erregt. Die Fassade in Sichtbeton ahmt, wie alle Bauteile, historische Elemente in zeitgemäßen Materialien nach. Die einfachen, „armen“ Baustoffe sind sichtbar: Backsteine, Betonsäulen, Betonträger etc. An manchen Flächen, beispielsweise hinter dem Altar, gewinnt die Struktur der Baustoffe ornamentalen Charakter.


Die Kirche ist dreischiffig, wobei die Außenschiffe keine Bedachung haben und als „Gärtenräume“ angelegt sind, nach Westen zur Straße hin durch eine hohe Mauer abgegrenzt; nach Osten fungiert ein in der Regel dicht bewachsener Zaun als Grenze zum benachbarten Versicherungsgebäude. Vom Kirchschiff sieht man durch eine beidseitige Fensterfront in die künstlichen Gartenräume. Die Fensterordnung ist mithin umgekehrt: Die Fenster sind nicht oben, sondern unten angebracht. Von innen betrachtet, öffnet sich der Raum nach außen: das offene Zelt Gottes. Die Farblosigkeit der Fenster ermöglicht den Einfall natürlichen Lichts.


Die Kirche ist trotz ihrer Höhe horizontal und damit auf die Gemeinde hin ausgerichtet. Seitenkapelle, Taufkapelle und Krypta wirken wie Zitate aus vormoderner Kirchenbaugeschichte. Die Krypta im Sockelgeschoss des Turmes enthält die Sarkophage des katholischen Landgrafen Friedrich ll. von Hessen-Kassel (+1785) und des ersten Hofpredigers Heinrich Bödiger (+1780). Sarkophage und Gemälde erinnern an den Vorgängerbau.


(Aus: STEPHAN BALKENHOL in SANKT ELISABETH. Ausstellungskatalog. Hrsg. vom Bischöflichen ­Generalvikariat Fulda. Snoeck Verlagsgesellschaft mbH, Köln 2012, S. 82)

Veränderungen:

Im Kirchschiff hingen normalerweise fünf Gemälde aus einem Passionszyklus von H. Tischbein der Ältere. Sie wurden für die Ausstellung von Stephan Balkenhol eingelagert und seitdem nicht wieder aufgehängt.

Die Kirche hat eine neue Orgel erhalten: die Bosch-Bornefeld-Orgel (abgeschlossen) aus der Kasseler evangelischen Martinskirche. Für dieses kirchenmusikalisch bedeutsame Instrument wurde oberhalb der jetzigen eine weitere Empore eingezogen. Der Einbau verdeckt die bisher sichtbaren kristallinen Formen als strukturale Darstellung der Dreifaltigkeit Gottes auf der Innenseite der Rückwand. Fertigstellung war Mai 2015.

Foto__Stephanie Kloss
 

Elisabethkirche bekommt Kultur-Sonderpreis 2017 der Stadt Kassel

Den Sonderpreis des Kulturförderpreises der Stadt Kassel erhalten die evangelische Kirchengemeinde Kassel-Mitte an der Martinskirche und die katholische Pfarrei Sankt Elisabeth für ihre herausragende kulturelle Arbeit in der Innenstadt.


Überzeugende Programmgestaltung
„Die Martinskirche und die Elisabethkirche stehen für kontinuierliche künstlerische und musikalische Programmgestaltung auf höchstem Niveau. Sie eint darüber hinaus ihr außergewöhnliches Engagement für die Orgel als nicht nur kirchenmusikalisch tragendes Instrument“, so der Magistrat in ihrer Begründung.


Beitrag zur Stadtkultur
Stolz und erfreut zeigt sich der Pfarrer von St. Elisabeth, Peter Bulowski: „Diese Auszeichnung ehrt uns und zeichnet die von Regionalkantor Thomas Pieper und vor allen Dingen Ehrenamtlichen der Gemeinde getragene kirchenmusikalische und kulturelle Arbeit in der Elisabethkirche aus.“ Belohnt würde auch das große finanzielle Engagement von Bistum Fulda und Kirchengemeinde, das 2015 die Einweihung der denkmalgeschützten Bosch-Bornefeld-Orgel in der Elisabethkirche möglich gemacht hat. Bulowski: „Sankt Elisabeth leistet einen guten Beitrag zur Stadtkultur und gleichzeitig zum heilsamen Wirken der Kirche und dieser Form der Citypastoral in der Innenstadt.“


Evangelische Martinskirche und katholische Elisabethkirche
„Durch die Überführung der historischen Bosch-Bornefeld-Orgel von der Martinskirche zur Elisabethkirche haben sich beide Gemeinden für den Erhalt eines wertvollen musikalischen Zeugnisses eingesetzt und zugleich den Weg geebnet für einen beeindruckenden Orgelneubau in der Martinskirche“, so die Stadt in ihrem Pressetext. Für dieses nachhaltige kulturelle Engagement erhalten beide Kirchengemeinden im documenta-Jahr 2017 den undotierten Sonder-Kulturförderpreis.


Preisverleihung am 3. Dezember

Die Auszeichnung mit dem Kulturförderpreis der Stadt Kassel gehört zu einem der wichtigen kulturellen Ereignisse des Jahres. Gefördert werden seit 1987 Künstlerinnen und Künstler, Kulturinitiativen und Kulturprojekte. Sonderpreise werden nur zu besonderen Anlässen vergeben. Die Preisverleihung 2017 findet am Sonntag, 3. Dezember, um 11:30 Uhr im Schauspielhaus des Staatstheaters Kassel statt.

KunstRaumKirche:

Elisabethkirche
Friedrichsplatz 13
34117 Kassel

Die katholische Kirche Sankt Elisabeth am Friedrichsplatz 13 wurde 1959/60 nach einem Entwurf von A. Dietrich errichtet. Der Betonskelettbau mit Klinkerfassade ist der Ersatz für die 1777 geweihte und im Zweiten Weltkrieg zerstörte Elisabethkirche, die auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes stand.